Nachruf auf Martin Pfarr

Foto: Caro Kadatz

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Am 21.12.2015 ist Martin Pfarr, langjähriges Bundesvorstandsmitglied des LSVD, gestorben. Wir sind sehr traurig.

Bis zuletzt war Martin Pfarr noch optimistisch, seine schwere Krankheit besiegen zu können. Am Ende hat er den Kampf verloren. Dabei war er immer ein hartnäckiger Kämpfer, der auch vor übermächtig erscheinenden Gegnern nie klein bei gegeben hat.

Martin Pfarr gehörte 1990 zu den Mitbegründern des „Schwulenverbandes in der DDR“, aus dem sich später der LSVD entwickelte. Schon in der DDR war er politisch aktiv gewesen, engagierte sich in der Opposition, die sich in der evangelischen Kirche zusammenfand. Der gebürtige Magdeburger war bereits in den 1980er Jahre ein mutiger Streiter für die Rechte von Lesben und Schwulen im SED-Staat, in dem Homosexualität offiziell weitgehend tabuisiert war. „Man kann schon sagen, dass wir um unsere Jugend betrogen worden sind, weil wir uns in der DDR nicht ausleben konnten“ erinnerte sich Martin Pfarr 2011 in einem Interview in der „Magdeburger Volksstimme“.

Von Anfang an war er eine der tragenden Persönlichkeiten in unserem Verband. Martin Pfarr engagierte sich im Landesverband Sachsen-Anhalt, baute ihn ganz wesentlich mit auf und gab dem LSVD in Sachsen-Anhalt eine gewichtige Stimme in der Zivilgesellschaft und der Landespolitik: verbindlich, humorvoll, dialogfreudig aber immer mit klaren Forderungen. Dazu gehörte der Einsatz für ein Antidiskriminierungsgesetz im Land ebenso wie der erfolgreiche Kampf gegen die öffentliche Förderung eines obskuren „Homo-Heiler“-Vereins, der von einigen CDU-Landespolitikern gepampert worden war. Einen sehr wichtiger Erfolg, gewissermaßen eine vorläufige Krönung von 25 Jahren hartnäckigem Einsatz, konnten Martin Pfarr und seine Mitstreiterinnen und Mitstreiter im LSVD Sachsen-Anhalt im Januar 2015 feiern: Der Landtag votierte einstimmig (!) für einen Aktionsplan gegen Homophobie. Um die reale Umsetzung wird weiterhin gekämpft.

2006 wurde Martin Pfarr erstmals in den LSVD-Bundesvorstand gewählt, dem er seitdem ununterbrochen angehörte. Auch dieses Engagement auf Bundesebene für die Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgender, Trans- und Intersexuellen (LSBTI) leistete er rein ehrenamtlich – neben der Arbeit als niedergelassener Arzt in seinem Wohnort Köthen, wo er zudem seit 1990 intensiv in der Kommunalpolitik aktiv war und für die SPD in den Stadtrat gewählt wurde.

Sich einbringen in der Demokratie, der Kampf für gleiche Rechte und klare Kante gegen Homophobie waren seine Antriebsfedern. Daneben prägte Martin Pfarr auch die Positionen des LSVD in der Gesundheitspolitik für LSBTI oder in der intergenerativen Arbeit. Ein würdiges Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus war ihm ebenfalls ein wichtiges Anliegen. Er setzte sich auch dafür ein, dass die Geschichte der Lesben und Schwulen in der DDR nicht in Vergessenheit gerät, insbesondere nicht der unerschrockene Einsatz für die Bürgerrechte von Lesben und Schwulen, der mit Namen wie Eduard Stapel und eben Martin Pfarr verbunden ist. So hat er maßgeblich die wichtige Fachtagung „Lesben und Schwule in der DDR“ im Oktober 2005 im Magdeburg organisiert.

Wir alle im LSVD sehen uns in der Aufgabe, dem Vergessen entgegenzuwirken, gerade in der heutigen Zeit, in der Demokratieverächter, Rassisten und Homophobe wieder an Lautstärke zunehmen. Gerade jetzt bräuchten wir den sanften Kämpfer Martin Pfarr so sehr weiter in unseren Reihen. Sein Tod reißt eine große Lücke. Mit unserer Arbeit für eine offene Gesellschaft und gegen jede Form von Diskriminierung und Menschenfeindlichkeit werden wir die Erinnerung an diesen bescheidenen großen Demokraten und Bürgerrechtler, an den Menschenfreund Martin Pfarr pflegen.

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